In unregelmäßiger Reihenfolge werde ich nach und nach die besten Pop- und Jazzchöre Deutschlands vorstellen, die ihr Bundesland beim Bundeschorwettbewerb 2014 in Weimar vertreten, und ein bisschen ihrem Erfolgsrezept auf die Spur kommen
Endlich wieder ein Interview! Heute beantworten die Sänger/innen des Bonner Jazzchors die Fragen im Rahmen meiner Serie „Von den Besten lernen“. Der Bonner Jazzchor unter Leitung von Sascha Cohn ist einer der innovativsten Chöre Deutschlands und Sieger des nordrhein-westfälischen Chorwettbewerbs in der Kategorie Pop/Jazz a cappella.
- Verratet ihr uns euer Erfolgsgeheimnis – was macht euren Chor besonders?
Manche behaupten, wir hätten nahezu basisdemokratische Strukturen, andere finden gerade den Input unserer inspirierenden und äußert unterhaltsamen Chorleiterin Sascha (wir lieben sie!) richtungsweisend – vielleicht ist es auch die richtige Mischung aus Leidenschaft, Sekt und Engagement… In unzähligen Teams kümmern wir uns um Stellpläne mit Absatzhöhenangaben, Klamotten (zur Not mit Farbberatung), Geschäftliches, Konzert-Orga, Presse, Choreo, Midi-Files, Familienzimmerreservierungen und und und… In jedem Fall sind wir ein (stimm)farben- und nuancenreiches Team aus unterschiedlichsten Persönlichkeiten – nicht nur, wenn’s um’s Outfit geht 😉 Das Zusammenfinden dieser Vielfalt macht wahrscheinlich gerade das „Mehr“ aus – wir sind schlichtweg erfüllt von dem, was wir tun. Klingt kitschig, is‘ aber so Dafür fahren wir sogar um die halbe Welt oder mindestens bis Dänemark.
- Was muss jemand mitbringen, der bei euch mitsingen möchte? Wie wählt ihr neue Mitglieder aus? Schickt ihr manchmal auch Bewerber wieder nachhause?
Hier die Meinungen unserer Chormitglieder dazu: Zeit – etwas zu Essen (Sekt und Würste) – einen Tourbus – Shoppingbegeisterung – einen souligen Tenor – fundiertes Wissen in grundständiger Farbenlehre – Geburtsdatum, das nicht im Januar liegt (der Monat ist schon jetzt überfüllt) – Attitude – Groove – positive Ausstrahlung – ähm: Singen können und wollen! Anders gesagt: Das lässt sich glücklicherweise für den Einzelfall nicht theoretisch formulieren, es muss einfach passen und das finden wir gemeinsam beim Vorsingen, Mitsingen und in einer Probezeit heraus.
- Wie häufig probt ihr? Gibt es neben den Gesamtproben noch zusätzliche Stimm- oder Einzelproben? Wenn ja, wie häufig? Gibt es bei euch ein individuelles Stimmbildungsangebot?
Generell proben wir wie die meisten Chöre einmal wöchentlich. Nebenbei läuft meist noch eigeninitiierte Ensemblearbeit für Extra-Stücke. Anlassbedingt gibt’s aber natürlich hin und wieder auch Extra-Proben, wie Generalproben, Vorbereitung für besondere Herausforderungen, private Stimmgruppentreffen und zwei reguläre Proben-Wochenenden im Jahr. Allerdings ist auch die eigene Vorbereitung, z.B. mit Übefiles durchaus hilfreich… Stimmbildung passiert beim Proben – mit exklusiver CVT-Expertise (Complete Vocal Technique).
- Wie wählt ihr eure Stücke aus? Gibt es Lieblingskomponisten/-arrangeure? Wo findet ihr Inspirationen?
Oh, wir haben unsere Ohren eigentlich ständig offen für Inspirationen und versuchen dabei zunehmend, unser eigenes Ding zu machen. Einen großen Anteil hat da sicher die skandinavische (insbesondere dänische) Vocal- und Singer-Songwriter-Szene… aber z.B. auch deutsche Balladen, amerikanischer Folk oder altes Liedgut können uns beflügeln. Inzwischen haben wir dank Sascha „unser“ Profil entwickelt, das sich genau aus diesen Einflüssen mischt und wir lassen die meisten unserer Stücke von Menschen arrangieren, deren Musik uns einfach gefällt. Dazu gehören nebst vielen anderen verstärkt Line Groth, Morten Kjær, Malene Rigtrup, Oliver Gies und und und. Sascha macht um neue Stücke immer ein Riesengeheimnis und wir sind alle wahnsinnig gespannt, was als nächstes kommt. Am Ende können wir uns aber sicher sein, dass sie „die richtige“ Auswahl trifft und uns oft genug (positiv) überrascht. Ideen aus den Chorreihen sind aber jederzeit willkommen.
- Wie viele Auftritte absolviert ihr durchschnittlich pro Jahr?
Normalerweise gut zehn im Jahr. 2013 waren es aufgrund unserer kleinen CD-Tour einige mehr.
- Nehmt ihr an Workshops teil? Gibt es einen Workshop/Dozenten, den ihr besonders empfehlen könnt?
Ja, oft machen wir Workshops mit den Arrangeuren unserer Stücke und fahren zu Festivals (z.B. Aarhus Vocal Festival, Real Festival, meervocal etc.). Es ist sehr spannend zu hören, was sich ein Arrangeur bei bestimmten Stellen gedacht hat und wie viel Kreativität und Geschichte hinter so einer Arbeit steckt. Alle uneingeschränkt empfehlenswert! Aber auch wir veranstalten Workshops, so z.B. mit Morten Kjær am 1.10.2014 in Bonn…
- Habt ihr irgendwelche Tipps für Chöre, die es auch mal zum Bundeschorwettbewerb schaffen möchten?
Darauf gibt es viele und keine Antworten. Im Endergebnis lässt es sich wohl so zusammenfassen: Macht Euer Ding und geht eigene Wege mit viel Hingabe und Einsatz. Unser Weg ist geprägt von Spaß, Leidenschaft für die Sache und einer hohen eigenverantwortlichen Disziplin ohne Druck und Konkurrenzkampf.
- Was erwartet uns bei eurem Wettbewerbsauftritt in Weimar?
Sonnenschein und Weltschmerz! …und das Ergebnis langjähriger Farblehrestudien
- Zum Trost für alle Chöre, die nicht so toll klingen wie ihr: Gibt es auch Sachen, die bei euch nicht perfekt laufen?
Also… Unser Probenraum ist Orange, es wohnen vermutlich Salamander in unseren Vorhängen und die Raumdecke kommt runter. Zudem ist so ein Chor eben ein eigener Mikrokosmos mit allen typischen Schwächen: Unpünktlichkeit, Konzentration, Rumalbern… Ihr wisst bestimmt alle was wir meinen…
Weitere Infos über den Bonner Jazzchor findet ihr hier: