Auf den ersten Blick würden wahrscheinlich die wenigsten Vocalive für einen Pop- und Jazzchor halten. Die langen schwarzen Abendkleider und die Anzüge wollen nicht so recht zum groovigen Repertoire des Chores unter Leitung von Stephanie Miceli passen. Unterschätzen sollte man die 66 Sängerinnen und Sänger aus Griesheim deshalb aber noch lange nicht. Beim Deutschen Chorwettbewerb 2010 in Dortmund haben sie es schon einmal ganz an die Spitze geschafft. Jetzt wollen sie es noch einmal wissen. Im (stark ironisch angehauchten ;-)) Interview mit Sänger Raphael Darius stelle ich euch einen der beiden hessischen Vertreter der Kategorie G1 (populäre Chormusik a cappella) beim Deutschen Chorwettbewerb 2018 in Freiburg vor.
- Herzlichen Glückwunsch – ihr gehört schon jetzt zu den besten Chören Deutschlands! Verratet uns euer Erfolgsgeheimnis: Was macht euren Chor besonders?
Eigentlich sollten wir das andere entscheiden lassen, aber nun denn: Wir sind vielleicht nicht die Modernsten, aber wir klingen toll, und wir schaffen es immer noch, unser Publikum mitzureißen. Das ist allerdings nichts Besonderes, das gilt für alle, die wir in Freiburg treffen werden. Ok, einen haben wir für euch: wir starten Gospelschrittchen auf Links, die meisten anderen auf Rechts. Ist das jemals jemandem aufgefallen?
- Was muss jemand mitbringen, der bei euch mitsingen möchte? Wie wählt ihr neue Mitglieder aus?
Wir wählen ausschließlich nach Geld und gutem Aussehen aus. Die tausend Euro Aufnahmegebühr sind auch wirklich human im Vergleich zu unseren Golfclubmitgliedschaften. Abgesehen davon ist es hilfreich, wenn man musikalisch ist und Tenor oder Bass.
- Wie wählt ihr eure Stücke aus? Gibt es Lieblingskomponisten/-arrangeure? Wo findet ihr Inspirationen?
Wenn wir da nur eine Methode hätten! Wir haben einige Szene-Klassiker im Repertoire und anderes, was wir für uns arrangieren lassen. Wir stolpern mehr über Stücke und sagen „ach guck mal, da bist du ja“. Oder es wird etwas an uns herangetragen, das aber selten.
- Nehmt ihr an Workshops/Coachings teil? Gibt es Dozenten, die ihr besonders empfehlen könnt?
Klar, Workshops sind klasse, um aus seiner Schiene rauszukommen und um Neues zu lernen. Wir können alle empfehlen, mit denen wir gearbeitet haben – ganz ehrlich. Zuletzt war es ein CVT-Wochenende mit Sascha Cohn. Toll!
- Warum sollten Chöre eurer Meinung nach an Wettbewerben teilnehmen?
… weil es ein großes Familientreffen der Szene ist. Man trifft alte Bekannte wieder und lernt noch mehr neue kennen. Um den Wettbewerb geht es eigentlich nicht (, aber pssst: nicht dem Musikrat verraten).
- Was für Erwartungen habt ihr an den Deutschen Chorwettbewerb 2018? Worauf freut ihr euch am meisten?
Erwartung an uns: schöne Musik machen. Erwartung an alles andere: Inspiration, Emotion, Freude, Weltfrieden.
- Wie gefällt euch das Pflichtstück eurer Kategorie „Secret of Life“ von James Taylor (Arr: Jens Johansen)?
Liest Johannes Jensen (Name geändert) mit? Ok: es hat einen schönen entspannten Groove, der Text ist toll, und je tiefer man in die Details des Arrangements eintaucht, umso schwerer wird es. Als Pflichtstück also absolut gelungen.
- Der Deutsche Chorwettbewerb ist ja immer auch ein Ort der Begegnung, auf welche anderen Chöre und Ensembles freut ihr euch besonders? Warum?
Twäng ist die totale Überraschung, hatten wir bislang nicht auf dem Zettel. Außerdem freuen wir uns, unseren ehemaligen Tenor Martin wiederzusehen, der jetzt bei Chornfeld für die besonderen Töne sorgt. 😉
- Habt ihr Tipps für Chöre, die es auch mal zum Deutschen Chorwettbewerb schaffen möchten?
Ohne Lächeln kein Sound, ohne Freude kein Groove. Den Rest kann man lernen.
- Zum Trost für alle Chöre, die (noch) nicht so toll klingen wie ihr: Gibt es auch Sachen, die bei euch nicht perfekt laufen?
Das Übliche. Und diese Sechzehntelpause in … nee, das sag ich nicht, vielleicht liest die Jury mit.
Mehr über Vocalive erfahrt ihr auf ihrer Website, ihrer Facebook-Seite, bei YouTube, Instagram und ein paar anderen Kanälen, auf denen sonst niemand mehr unterwegs ist. 😉 Eine (schon etwas ältere) CD mit dem Titel „Feel this way“ gibt es auch.
Zum Abschluss noch ein kleiner Flashback zum Sonderkonzert beim Deutschen Chorwettbewerb 2014 in Weimar. (Gut, dass ich mittlerweile ein Handy mit besserer Kamera habe… ;-))
Hier findet ihr die bisherigen Teile meiner Interviewreihe „Wir rocken Freiburg“
- Teil 1 über Cantaloop aus Hamburg
- Teil 2 über Greg is back aus Bayern
- Teil 3 über den Jazzchor der Uni Bonn aus NRW
- Teil 4 über die Essenzen aus Bremen
- Teil 5 über zimmmt aus Berlin
Ab jetzt gibt es (, wenn alles nach Plan läuft) jeden Tag ein neues Interview bis zum Wettbewerb. Stay tuned!