BERvokal 2018: Magische Coaching-Momente

Ich! Liebe! Coachings – und das ganz egal, ob ich selbst auf der Bühne stehe, oder vom Publikum aus mitfiebere. Das war wieder eine meiner großen Erkenntnisse nach drei Tagen BERvokal in Berlin. Es gab wie erwartet wahnsinnig viele Highlights: angefangen vom Eröffnungskonzert mit vielen großartigen BERvokal-Absolventen (= Ensembles, die in den vergangenen Jahren schon hier gecoacht wurden), über die Open Stage, bei der ich das Vergnügen hatte, selbst  auf der Bühne zu stehen, über die vielen spannenden Workshops, die fantastische Party am Samstag und unzählige tolle Gespräche bis hin zum Abschlusskonzert mit den Vocal Bands, die dieses Jahr den Kern des Festivals bildeten. Aber erstaunlicherweise sind die Coachings, also die Eins-zu-eins-Situation zwischen Dozent und Ensemble, das, was in mir am meisten ausgelöst hat und wahrscheinlich am stärksten nachwirken wird, weil: This is where the magic happens. :-)

Eine der tollen Neuerungen der BERvokal 2018 war die Möglichkeit, einzelne Coachings zu buchen. In den vergangenen Jahren wurden immer nur eine Handvoll Ensembles ausgewählt, die den „Hauptworkshop“ absolviert haben, d.h. von Freitag bis Sonntag durch-gecoacht wurden. Dieses Jahr wurden die Coaching-Möglichkeiten auch auf Gruppen erweitert, die sich nicht dafür qualifiziert haben. Zu einem fairen Preis hatten wir im sogenannten „Bonuslevel“ die Möglichkeit, neunzig Minuten lang mit einem oder mehreren Dozenten unserer Wahl zu arbeiten. Bei der Auswahl an erstklassigen Workshopleitern auf einem Haufen eine super Sache!

Mit Nebensache haben wir drei Coachings gebucht. Neben den vielen anderen Aktivitäten waren unsere Stundenpläne (und unsere Köpfchen) damit gut gefüllt. Alle drei haben wahnsinnig viel Spaß gemacht und wir sind mit vielen Ideen und Erkenntnissen nach Hause gefahren. Marco Billep haben wir uns ausgesucht, weil wir an unserer Bühnenpräsenz arbeiten wollten, wofür er natürlich u.a. als einer der Choreograph von Maybebop die perfekte Wahl war. Der Fokus in seinem Coaching lag v.a. darauf, auf der Bühne Spaß zu haben und den inneren Kritiker auszuschalten, was wir dann gleich eine Stunde später bei der Open Stage erfolgreich umsetzen konnten. 😉 So viel Spaß hatten wir selten auf einer Bühne! Marco hat uns diverse Fragen beantwortet zur Wirkung bestimmter Verhaltensweisen in der Konzertsituation, viel aus seiner persönlichen Erfahrung erzählt und wir haben eine Menge Anregungen für die Interpretation eines neuen Stückes mitgenommen. Wer sehen will, was das gebracht hat, kommt am besten am 13.10. zu unserem nächsten Konzert nach Karlsruhe. :-)

Das zweite Coaching hatten wir bei Carsten Gerlitz, der für uns natürlich ein bisschen den Status einer (Achtung, schlechtes Wortspiel ;-)) „Chor-yphäe“ hat, weil wir teilweise schon vor gefühlt 20 Jahren seine Arrangements im Jugend- und Schulchor gesungen haben. Für mich ist es wirklich ein Privileg, dass wir mit so kompetenten Menschen arbeiten dürfen, die dabei auch noch super nett sind und uns komplett auf Augenhöhe gegenüber treten. Das ist nur eins der vielen Dinge, die ich an dieser kleinen A-cappella-Welt so toll finde…. Wir kamen mit einem sauschweren Arrangement, bei dem wir uns die letzten Monate v.a. mit den krassen Jazzakkorden abgekämpft haben. Carsten setzte einen ganz anderen Schwerpunkt und wir arbeiteten neunzig Minuten lang intensiv an Rhythmus, Artikulation und Interpretation – genau das, was wir gebraucht haben, um an dieser Stelle weiterzukommen! Und was jetzt noch schief klingt, gehört einfach so, weil Jazz…. 😉

Rabih Lahoud kannte ich schon aus alten Chorzeiten, da er regelmäßig mit meinem ehemaligen Chor vocal resources zusammenarbeitet. Ich fand seine Art schon damals extrem sympathisch und ich habe mich sehr gefreut, dass er sich an mich erinnern konnte. :-) Für das Coaching mit ihm haben wir Stücke aus unserem Repertoire ausgesucht, bei denen es sich wunderbar am Klang arbeiten lässt. Das Spannende an diesem Coaching war, dass es wie eine Art Mini-Gesangsunterricht für jeden einzelnen von uns war. Rabih hat sofort erkannt, wo unsere individuellen stimmtechnischen Schwierigkeiten liegen. Noch bemerkenswerter war aber sein Talent, die Dinge so zu erklären und vorzumachen, dass man sie unmittelbar verstehen und nach kurzer Zeit selbst umsetzen konnte  – ein echter Aha-Moment, der mir wieder mal bewusst gemacht hat, wie viel Potenzial noch in jedem von uns schlummert.

Neben den vielen Workshops, die ich gebucht hatte, hatte ich leider wenig Zeit, mir als passiver Teilnehmer noch andere Coachings anzuhören. Für zwei hat es glücklicherweise doch gereicht. Ich hab mich dabei für zwei Sessions mit Felix Powroslo entschieden, weil wir vor Ewigkeiten mit ihm gearbeitet haben und es eine echt tolle, intensive Erfahrung war, von der mir sehr viel in Erinnerung geblieben ist!

Bei beiden Gruppen, denen ich lauschen durfte (B’n’T und Lautleben), ging es um dieselbe Thematik: den Kontakt zum Publikum. Ich fand dabei besonders die Ausführungen von Felix interessant, dass man als Akteur auf der Bühne verschiedene Möglichkeiten hat, die Zuschauer anzuschauen, ohne dass tatsächlich eine emotionale Verbindung entsteht. Aus anderen Coachings kenne ich das unangenehme Gefühl selbst, wenn man auf der Bühne steht und Augenkontakt mit den Zuschauern (oder auch nur den Bandkollegen) halten soll, während man vor lauter Stress sogar vergisst zu atmen. Insofern habe ich sehr mit den Ensembles mitgelitten, als sie immer wieder dabei erwischt wurden, die Nase unbewusst zu hoch oder zu tief zu halten, um den „Seelenblick“ zu vermeiden. Aber – wow – was waren das für wunderbare Momente, wenn sie es geschafft haben, den Flucht-Impuls zu überwinden! Ich hatte das Gefühl, dass in diesem Moment alles ein bisschen enger zusammengerückt ist im Raum. Die Gruppe auf der Bühne wurde erst in diesem Augenblick zu einer richtigen Einheit (auch auf musikalischer Ebene), bei der sich die Solisten von den Stimmen im Hintergrund getragen fühlten. Einige Zuschauer waren komplett berührt und ich hab das ein oder andere Tränchen gesehen, das sich jemand aus den Augen gewischt hat, und es war einfach eine sehr warme, intime Atmosphäre. Das sind die Momente, in denen aus sehr guten Ensembles fantastische werden – magische Momente. :-) Danke, dass ich dabei sein durfte!

(Videos von meinen Konzert-Erlebnissen bei der BERvokal findet ihr auf meiner Facebook-Seite und bald auch noch bei YouTube: https://www.facebook.com/vokalklang)

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